Mitgefühl als Stress-Prophylaxe

Davon geht die Welt nicht unter. Nun mach mal halblang, ist doch alles nicht so wild. Gehörst du auch zu diesen schlauen Sprücheklopfern? Ich ja und ich meine es immer ganz ehrlich. Ich nehme den anderen tröstend in den Arm und es wirkt. Warum tue ich das nicht bei mir selbst? Warum stresse ich mich selbst mit einer guten Miene trotz Trauer oder Schmerz und sehne mich so sehr nach Mitgefühl.

Fehler sind kein Grund für Stress

 

Seid aber untereinander freundlich und herzlich
Und vergebt einer dem andern,
wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Bibelzitat, Epheser 4:32

Ich bin bestimmt nicht bibelfest, aber neulich bin ich über diesen Vers gestolpert und da dachte ich mir: Warum steht dort nicht, dass wir uns auch selbst vergeben und uns selbst gegenüber freundlich und herzlich verhalten sollen. Ich verstehe diesen Vers als Appell an unser Mitgefühl.

Alles, was du verdrängst und nicht zulässt, erzeugt Stress. Daher kümmere dich nicht nur mitfühlend um Andere sondern ebenso mitfühlend um dich selbst.

 

Mit dem anderen mitfühlen und ihm vergeben finde ich ebenso wichtig wie mit sich selbst mitfühlen und sich selbst vergeben. Und das beginnt bereits bei Kleinigkeiten, Fehler oder Unachtsamkeiten, wegen derer wir uns im Stillen selbst beschimpfen, statt großherzig zu reagieren und Mitgefühl mit uns selbst walten zu lassen. Fehlt es dir an Mitgefühl für dich selbst, erzeugt diese Haltung eine Starre und Härte, die zu Stress und im schlimmsten Fall zu Krankheiten führen kann. Außerdem ist es oft so, dass Menschen, denen es an Mitgefühl für sich selbst fehlt entsprechend streng anderen Menschen reagieren.

Fehlendes Mitgefühl mit dir selbst stresst dich unnötig.

Weniger Stress mit etwas mehr Selbstfreundlichkeit

 

„Mehr als alles hüte dein Herz, / denn aus ihm strömt das Leben.“

Bibelzitat, Sprüche 4,23

Und noch ein Bibelzitat, dann ist aber auch gut. Nicht dass du denkst, ich möchte dich hier bekehren. Ja, richtig, ich bin schon auf meine Art gläubig, doch mehr verrate ich jetzt nicht, das wird mir zu intim, so gut kennen wir uns noch nicht. 🙂

Der Gedanke des Mitgefühls treibt mich um, denn ich bin der Meinung, dass selbstmitfühlende Menschen weniger Stress haben. Für die die Sorgen und Nöte der anderen öffne ich mein Herz sofort. Da habe ich leicht reden, von wegen, derjenige solle doch nachsichtiger mit sich selbst sein. Ermutigend nehme ich mich seiner Nöte an.

Die Wissenschaftlerin und Autorin Kristin Neff unterteilt Selbstmitgefühl in drei Aspekte:

  • Selbstfreundlichkeit
  • Erkenntnis, dass wir alle gemeinsame menschliche Erfahrungen machen
  • Achtsamkeit

Anstatt dich mit Selbstkritik klein zu reden, solltest du nett zu dir sein. Diese Selbstfreundlichkeit und liebevolle Zuwendung für dich selbst ist wesentlich motivierender als dich selbstkritisch zu zermartern. Selbstfreundlichkeit hebt dich. Fehlt es daran, übergehst du deine Bedürfnisse und das ist für deine Psyche und deinen Körper Stress pur. Auch Forschungen haben ergeben, dass Strenge und Selbstkritik nur unsere Versagensängste schüren und das Selbstvertrauen schwächen.

Leider ist es nur so: Sobald unser Selbstkonzept bedroht scheint, wird ein Teil des Gehirns getriggert, der ursprünglich zum Schutz vor Bedrohungen vorgesehen war, in dem jedoch auch Selbstkritik stattfindet. Demnach liegt das Selbstmitgefühl nicht unbedingt in unserer biologischen Wiege.

Der Gedanke, alles muss laufen, stresst

 

Leiden existiert. Eine positive Haltung dazu mindert das Leid, Ignoranz und Verleugnung verstärken es.

Wenn du akzeptiert, dass du Fehler machst, dass andere es manchmal besser können als du, dass du verletzlich bist und schwach sein darfst, entwickelst du Nachsicht mit dir selbst. Der Anspruch, dass immer alles laufen muss, erzeugt Stress. Es darf auch mal alles stillstehen. Unvollkommenheit ist eine universelle Erfahrung. Mal ist man Gewinner, mal Verlierer. Du tust dir selber weh, wenn du versuchst, davor die Augen zu verschließen.

Läuft etwas schief, ist es tausendmal gesünder, achtsam zu erkennen, was diese Situation emotional mit dir macht und woher diese Gefühle kommen, statt dich selber zur Raison zu kommandieren. Indem du mit einer heldenhaften Haltung das Leid zu ignorieren versuchst, erhöhst du das Leid und erzeugt jede Menge Stress für dich selbst.

Es tut verdammt noch einmal gut, ab und zu in Selbstmitleid zu baden!

So what! Dann zerfließt du eben einmal im Selbstmitleid – gut so! Von wegen Selbstmitleid „stinkt“. Nein, Selbstmitfühlen hat nichts mit tränenreicher Egozentrik zu tun. Selbstmitgefühl ist „Arbeit“ – Arbeit an deiner Persönlichkeit, sobald du dir achtsam Selbstmitgefühl zugesteht. Achtsamkeit lässt dich in diesen Momenten die Dinge so annehmen, wie sie sind. Punkt: nicht mehr, nicht weniger.

Falsche Denkmuster erzeugen Stress

Natürlich ist es manchmal unangenehm, sich seiner eigenen Verletzlichkeit zu stellen. Oft begegnen wir im Selbstmitgefühl den fest verankerten Glaubenssätzen und Denkmustern aus der Vergangenheit, die unsere selbstkritischen Stimmen nähren. Einer meiner hartnäckigen Sätze lautet: „Ich reiche nie.“ Schrecklich, ich hasse ihn! Er erzeugt Stress, denn er sorgt dafür, dass ich mich abstrample, auch wenn ich gar nicht mehr kann. Und geht mal wieder etwas schief, rate mal, welche Stimme dann sofort tönt? Touché. Nehme ich mich dann jedoch sozusagen selbst in die Arme und bemitleide mich ein wenig, erkenne ich, welchen Schmerz mir dieser fiese Satz zufügt. Achtsam sehe ich, was eigentlich der Auslöser für mein Hadern ist. Ich wende mich meinem Herzen zu. Denn:

Für das Bewusste ist der Kopf verantwortlich, für das Unterbewusste unser Herz.

In ihrem Buch „Der Healing Code“ führten die Autoren Alex Loyd und Ben Johnson folgenden Test durch: Die Teilnehmer malten einen Kreis auf ein Papier, den sie in vier gleich große Stücke unterteilten und jedes „Pizzastück“ von eins bis vier nummerierten. Dann sollten die Probanden ruhig ein Pendel über den mittleren Schnittpunkt der Linien halten. Das klappte bei allen. Danach sollten sie das Pendel weiter ruhig halten und sich hineinfühlen in die Situation, in der das Pendel von Feld 1 oben links nach Feld 3 unten rechts schwingt. Et voilà: Bei rund Dreiviertel der Teilnehmer kam das Pendel heftig in Schwingung.

Für die Autoren der Beweis, dass das „Herzkommando“ (unser Unterbewusstes) die Kraft des „Kopfkommandos“ (unser Geist) außer Kraft setzt.

Was hat diese Pendelei nun mit Selbstmitgefühl und Stress zu tun? Eine Menge. Schließlich klappte dieser Test bei einigen Teilnehmern nicht. Das Pendel schwebte ruhig über der Mitte des Kreises trotz gedanklicher Aufforderung, zu schwingen. Wenn du nicht liebevoll mit dir selbst mitfühlst, verschließt du dein Herz. Und deine darin enthaltenen Erinnerungen („Zellerinnerungen des Herzens“) können nicht gelöst werden. Stattdessen spürst du sie weiterhin in Form von Selbstkritik, Strenge und destruktiven Gedanken. Du stresst dich damit selbst. Überlässt du deinem Herzen das Kommando, löst es den Stress für dich und heilt deine Wunden.

Ein mitfühlendes Herz kennt keinen Stress

Fällt es dir schwer, dir selbst Mitgefühl zu schenken, solltest du während des Tages immer einmal kurz innehalten und achtsam in dich hineinspüren. Frage dich: Was brauche ich jetzt? Manchmal ist es eine Umarmung vom Partner, manchmal ist es ein Lächeln, manchmal tun es ein paar Schritte nach draußen an die frische Lust oder ein kleines Nickerchen. Selbstmitgefühl zu praktizieren lässt sich üben. Und mit der Zeit wird es immer selbstverständlicher und du wirst merken, dass dich Alltägliches weniger stressen wird.

Damit gut für heute, denn ich frage mich jetzt auch: Was brauche ich jetzt? Einen heißen Kakao und einen Keks dazu 😉

 

  • Ich gestehe mir Fehler zu und verurteile mich nicht dafür.
  • Geht etwas schief oder ärgere ich mich, spüre ich achtsam, welche Gefühle bei mir getriggert werden, dass ich mich derart stressen lasse.
  • Ich gönne mir Mitgefühl: Ich seufze laut und nehme die „schlechten“ Gefühle an.

 

Über Achtsamkeit im allgemeinen, was das ist und wie es dir hilft, kannst du hier weiterlesen Weitere Informationen zum Thema "Stress abbauen" findest du hier ...

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