Ja, die letzten Sommerferien vor dem ersten Schultag sind schon besonders. Ihrem Kind geht es wie Ihnen nach dem Schulabschluss, es schwebt zwischen den Welten, ist nicht mehr Kindergartenkind, aber auch noch kein Schüler. Natürlich hat es bei Ihnen ein Zuhause, aber über drei, vier, fünf Jahre ist der Kindergarten ein zweites Zuhause geworden wie für viele Erwachsene der Arbeitsplatz. Ein Umfeld, das man kennt und in dem man sich sicher fühlt. Das ist nun weg, auch wenn klar ist, dass etwas Neues kommt, wächst bei manchen Kindern doch genau jetzt die Unsicherheit oder gar Angst vor der Schule. Man hört ja soooo viel und wer weiß, ob die Schule wirklich so toll ist, wie die Erwachsenen suggerieren.
Zwischen zwei Welten
Als Eltern sollten Sie es ernst nehmen, wenn Ihr Kind nach dem letzten Kindergartentag auf einmal Anzeichen von Trauer und Verlustängste zeigt. Wenn wir ehrlich sind, ist für die meisten Kinder der Abschied aus dem Kindergarten der erste große Abschied, den sie erleben. Manche dürfen vielleicht noch ein paar Tage in die Betreuung, da ist der Übergang sanfter. Aber für viele ist er doch abrupt und da ist dann plötzlich die Leere. Kinder mit Geschwistern spüren sie nicht so stark, weil bei ihnen dennoch etwas los ist und sie von Bruder und Schwester in irgendeiner Weise ins Leben einbezogen werden. Für Einzelkinder ist der Abschied besonders irritierend, weil sie sich nun für gemeinsame Aktivitäten verabreden müssen. Und das ist je nach Wohnlage längst nicht mehr so einfach wie zu meiner Zeit. Ich konnte damals – auch als Kindergartenkind – aus dem Haus gehen, auf den Spielplatz hinter dem Haus oder in Nachbars Garten und traf immer Kinder. Die meisten Kinder kennen das heute nicht, wozu auch, wenn sie den Tag im Kindergarten verbringen, wo die Freunde sind. Die Zeit zwischen den Welten ist eine gute Gelegenheit, einmal zu schauen, ob es nicht doch in der Wohnung oder im Haus nebenan Kinder gibt, mit denen man super spielen oder etwas unternehmen kann. In den Sommerferien haben alle Kinder frei, manche sind verreist oder in der Betreuung, es kommt auf einen Versuch an. Wichtig ist, dass Sie Ihrem Kind den Raum und die Freiheit geben. Das ist nicht leicht, ich weiß, aber Sie tun Ihrem Kind damit einen großen Gefallen. Es lernt, selbstständig neue Kontakte zu knüpfen, das gibt Selbstvertrauen und nimmt auch die Angst vor dem Neuen in der Schule.
Schulkind sein üben
Lach, nein, Sie sollen mit Ihrem Kind nun nicht täglich Schule üben 🙂 Aber es wäre doch hilfreich, wenn Sie – ob im Urlaub oder zu Hause – mit dem Kind kleine alltägliche Dinge „trainieren“ würden, ohne dass Sie das Training nennen. Das sind Kleinigkeiten wie die, den Schlafanzug selbst wieder ins Bett zu legen, den Frühstücksteller abzuräumen oder auch einmal den Tisch zu decken, beim Spülen zu helfen, die Socken sortieren … Kurzum: Beteiligen Sie Ihr Kind am Alltag, denn in der Schule ist es auf sich gestellt und je mehr Dinge, es selbstständig erledigen kann, umso souveräner und glücklicher fühlt es sich dann in der Schule. Es sind wirklich Kleinigkeiten, das muss ich immer wieder betonen.
Ich erlebe viele Erstklässler, die ihre Stifte einfach in das schöne neue Etui werfen, statt sie unter die Gummilaschen zu schieben. Schon entsteht die erste Unordnung und Unordnung beschert unsicheren Menschen Panik und die Enttäuschung ist vorprogrammiert. Das gilt ebenso für das sorgfältige Umblättern von Heften und Büchern. Wie schnell bekommen die Materialien Eselsohren oder sind total zerknittert und laden nicht mehr zum Lernen ein. Das Auge lernt mit und wenn es auf Chaos trifft, fällt ihm das schwer. Ich finde im Übrigen, dass nichts dagegen spricht, in den letzten beiden Wochen vor dem Schulstart schon ein wenig Schule zu üben, nicht unbedingt im Urlaubshotel, aber wenn Ihr Kind die Zeit zu Hause verbringt oder in einem privaten Umfeld. Schaffen Sie ein schönes Heft als Schulstart-Heft an, in das es nach Herzenslust Buchstaben, Zahlen und Formen malen und kleben kann. 🙂 Nebenbei können Sie das Thema Ordnung ansprechen, dass es in der Schule wichtig ist, nicht irgendwo auf der Seite zu schreiben, sondern oben links zu beginnen, aber hauptsächlich stimmen Sie sich auf die Schule ein und Ihr Kind hat Spaß dabei.
Einstimmung auf den Schulalltag
Was nun kommt, ist eine wirklich dringende Empfehlung von mir: Versuchen Sie – auch wenn Sie Urlaub haben und selbst gerne lange schlafen oder morgens herumtrödeln – in der letzten Woche vor der Schule die neue Struktur des Alltags zu üben. Stellen Sie Ihrem Kind und sich einen Wecker für die Zeit, in der es zur Schulzeit aufstehen muss. Wenn das sehr früh ist, können Sie sich halbstundenweise in den frühen Morgen arbeiten. Das klingt hart, aber es erleichtert Ihnen allen den Start in den Schulalltag. Wenn Sie ohnehin eine Lerche sind und gerne früh aufstehen, wird die Umstellung nach sechseinhalb Wochen Sommerferien nicht so extrem. Aber für Langschläfer ist sie ein Horror. Ja, ich weiß, die meisten von Ihnen müssen in den Ferien arbeiten, aber ich weiß auch, dass manche Eltern in den Ferien gerne die Gleitzeit ausreizen und später mit der Arbeit beginnen. Das frühe Muss-Aufstehen ist für viele Kinder am Schulstart – nicht nur in der ersten Klasse 🙂 – das große Problem. Sie sitzen müde in der Schule, in einer neuen Situation und nehmen – wir kennen das – auch Mücken als Elefanten wahr, die Angst machen und Ablehnung hervorrufen. Wenn Sie dann früh aufgestanden sind, können Sie sich doch mit einem tollen, gemeinsam angerichteten Frühstück oder einem Ausflug belohnen.
Die letzten Vorbereitungen
Schließlich stehen in den Sommerferien die letzten Vorbereitungen für das Schülerleben an. Die letzten Utensilien für die Schule und die Schultüte müssen besorgt, Einladungen gebastelt und verteilt, die Deko für die Schulkind-Kaffeetafel gekauft oder erstellt werden und Oma und Opa brauchen noch dringend Tipps für Geschenke zum Schulanfang. Je nachdem, wie aufwendig der erste Schultag begangen wird, haben Sie einiges zu tun. Versuchen Sie, wo immer möglich, Ihr Kind einzubeziehen. Eine Girlande muss nicht gekauft, sie kann auch leicht gebastelt werden. Auch hier sind es die Details: Schauen Sie noch einmal ins Etui, ob Ihr Kind nicht doch schon die tollen Buntstifte ausprobiert hat und diese angespitzt werden müssen, und in den Schrank, ob das coole Schulstart-Outfit nicht versehentlich auf das T-Shirt mit dem Marmeladenfleck gefallen ist. Das klingt so banal, aber Sie sollen sich ja in den Ferien auch entspannen und da gehen solche Dinge oft unter. Genau: Vor allem sollen Sie und Ihr Kind in den Ferien entspannen, damit Sie gemeinsam locker den neuen Lebensabschnitt beginnen können. Dabei wünsche ich Ihnen viel Spaß und wenn Sie besondere Erlebnisse oder Ideen haben, schreiben Sie sie mir, ich sammle ja nicht nur Ideen für den Blog, sondern auch für meine Geschichten und Romane 🙂
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Unser Blog jetzt-schulkind wird geschrieben von Frau Dr. Birgit Ebbert. Alle Beiträge © Dr. Birgit Ebbert.